Darmstädter Echo 27. Mai 2011
Suchthilfe: Bundesweite Aktionswoche „Alkohol 2011“ Infostand des Kommunalen Präventionsrates in der Ernst-Ludwig-Straße mit der künftigen Sozialdezernentin
Es ist nun wirklich kein Nischenphänomen. Über neun Millionen Deutsche trinken Alkohol auf riskante Weise, 1,3 Millionen Menschen sind alkoholabhängig gab die deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) zu Beginn der Aktionswoche Alkohol 2011: Weniger ist besser! in Berlin zu Protokoll. Die Aktionswoche dauert noch bis zum kommenden Sonntag (29.), in Darmstadt stellte der Kommunale Präventionsrat einen Infostand zum Thema mitten in den Strom der Einkäufer in der Ernst-Ludwig-Straße.
Wir schaffen es mit dieser Aktion, alle in einem Boot zu haben, freut sich Volker Weyel, Suchthilfekoordinator und Leiter des Präventionsrates. Alle das sind all jene Organisationen, die mit Vorbeugung, Aufklärung und Therapie in Sachen Alkoholsucht zu tun haben, vom Blauen Kreuz über die Evangelische Landesarbeitsgemeinschaft für Suchtkrankenhilfe bis zur Fachklinik Haus Burgwald.
Alkohol ist überall, und Geselligkeit kommt privat wie öffentlich kaum ohne ihn aus. Nicht zuletzt der kollektive Rausch bei Abifeten, beim Schlossgraben- oder beim Heinerfest ist ein öffentlich zelebrierter. Dennoch, in Darmstadt gebe es keine signifikanten Änderungen in Sachen Alkoholgefährdung, sagte die künftige Sozialdezernentin Barbara Akdeniz bei einem Besuch am Infostand.
Man wolle auch keinesfalls Aufklärung mit erhobenem Zeigefinger machen, sagt Akdeniz. Es gehe nicht um Alkoholverbote, sondern um konkrete Sensibilisierung in allen Altersklassen, wie schnell Alkohol erst zur Gewohnheit und danach zum Problem werde. Dafür stehe auch das vom Land Hessen geförderte Halt-Projekt, das nun mit einem Netzwerk lokaler Kooperationspartner umgesetzt werde. Halt betreibt die systematische und frühzeitige Ansprache von Kindern und Jugendlichen, die mit einer schweren Alkoholvergiftung stationär behandelt werden. Das erfordert funktionierende Schnittstellen zwischen Medizin und Suchtprävention.
Wolfgang Schmidt-Rosengarten, Geschäftsführer der Hessischen Landesstelle für Suchtfragen (HLS), fordert, die Kooperation zwischen allen an der Suchtbekämpfung Beteiligten zu verbessern. Die Exzesse im öffentlichen Raum, etwa das jugendliche Komasaufen oder die exzessiven Trinkriten rund um Ligaspiele im Fußball hätten noch gar nix mit Sucht zu tun, sagt er. Auch der Öffentlichkeit müsse klar sein, dass wir an dieser Stelle keinen Regierungswechsel brauchen und keine neuen Gesetze, um das Problem zu bearbeiten. Wichtig sei allein die koordinierte Zusammenarbeit aller beim Kampf gegen die werdende Sucht.
Hans-Peter Schmidt war am Infostand ebenfalls tätig. Er ist regionaler Männerbeauftragter beim Kreuzbund (Diözesanverband Mainz) und war selbst Alkoholiker. 1999 hat mich meine Frau vor die Tür gesetzt, erzählt er frank und frei. Er hat sich mit einer Therapie von der Droge Alkohol befreit, danach mit einer Suchtkrankenhelfer-Ausbildung die Initiative ergriffen, um seine Erfahrungen zu nutzen, auch anderen qualifiziert zu helfen. Ich konnte früher nie Stopp sagen beim Trinken. Aber genau das müssten alle lernen, die dem Alkohol verfielen: Hart gegen sich selbst werden, Regeln einhalten und Nein sagen.
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